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Kapitel V – Entgleisende Entscheidung

-99 Sekunden bis zum Nullpunkt- 

Markus: “Der Himmel schließt sich... schon wieder...” 

Noel: “Huh?" 

Markus: “...” 

Noel: “Hey, du kennst ihn besser als ich... Glaubst du er ist der Lage...?” 

Markus: “... ... ..." 

Noel: “Auweh... Jetzt bin ich nicht mehr sicher, ob das die richtige Entscheidung war...” 

Markus: “Du kennst ihn länger als ich... Du müsstest wissen, was für eine Person er ist...” 

 

(“---Was wenn ich versage? / Nein, unter keinen Umständen werde ich Isa verlieren! Das werde ich nicht zulassen! / Doch wie soll ich das bitte hinkriegen?! Das ist doch alles schier unmöglich!! / Einen Weg muss es geben! Es gibt immer einen! / Oh, wem mach ich etwas vor? Ich habe nicht mal einen Hauch, wie das überhaupt anzustellen ist... ---”) 

Ich hatte Zweifel. Schon von Anfang an wusste ich, dass ich Zweifel haben werde. Auch im Nachhinein war es nicht verwunderlich für mich gewesen. Sollte mein bisheriger Modus Procedendi sich jetzt nicht bewahrheiten, dann blickte ich dem Tod wieder mal direkt ins Gesicht. 

Meine Beine gefroren auf den kalten Schienen wie Wasser zu Eis. Meine Arme versteiften sich unwillentlich in eine so unbehagliche Haltung, aus denen sie nicht mehr zu entfernen waren. 

Ich bekam Angst. Angst, dass diese Kraft mich am Ende im Stich lässt. Nein... Angst, dass ich alle im Stich lassen werde. 

Schon bald spürte ich kein Regen mehr in meinen Gliedern. Keinen Funken, keinen Willen, keine Kraft... 

Nur noch Angst... Angst und Zweifel... 

 

(“Habe ich mich etwa falsch entschieden?”) 

Doch mein Körper war nicht das Einzige, das erstarrte. Die sonst so frei fliegenden Gedanken, die mich scheinbar stets beheimateten, wurden jegliche Flügel geraubt. Ironischerweise hatte das aber auch was Gutes zu Folge. 

Denn für einen kurzen Moment war ich dadurch von dieser befallenden Angst befreit. Ich weiß nicht genau, wie es dazu kam, aber es fühlte sich an, als hätte mein Selbst sich mit der Situation abgefunden. Mein gesamter Fokus war diesem kommenden Augenblick gewidmet. Es gab keine Alternative für mich mehr. 

Keiner ist wirklich besonders in dieser Welt. Niemand ist zu irgendetwas Höherem geboren. Auch nicht ich, der diese mysteriöse Kraft nun in sich trug. Das hatte ich bis zu diesem Moment nicht vergessen. 

Und das war auch gut so. Denn nur so konnte ich wirklich der sein, der ich sein mochte. 

 

Kein Handlanger für irgendwen oder irgendwas und seine Vorstellungen. Kein Superheld, der die Menschen auf der ganzen Welt mit seinen übernatürlichen Kräften durch ihr Leben schleppt. Keine göttliche Figur, deren höheres Schicksal über Ordnung und Chaos bestimmt. 

Auch wenn sich das egoistisch anzuhören sein mag, nachdem man mir die potenzielle Chance gab, genau so etwas zu werden. 

Wenn das aber wirklich meine Bestimmung sein sollte, dann ändert das nicht, dass ich das trotzdem nicht will. Ich will mir nicht von meinem Schicksal vorschreiben lassen, was ich zu sein habe und was nicht. 

Vielleicht ist es genau dieser Egoismus, der mich an diesem Tage dazu brachte, mich auf die Schienen zu stellen. 

Denn ich werde nicht aufhören zu kämpfen. Ich werde nicht aufhören, nach der Antwort auf diese Frage zu suchen. 

Wer ich bin? 

Ganz egal, wie verrückt das alles am Ende aussehen wird, ich bin und bleibe ich selber und das ändert sich nicht. 

(1, 2, 3, 4, 5, 6, 7-8-9-10! 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17-18-19-20!) 

 

-Momente zuvor im Inneren des Zuges- 

KLIRR 

Besorgter Zugführer: “AHHHH!” 

Lia: “Ha! Der Weg öffnet sich den Tätigen...” 

Fina: “stöhn... Musstest du die Scheibe wirklich einwerfen? Die Leute waren eh schon unruhig genug...” 

Lia: “Hör mal, das war der einfachste Weg...” 

Besorgter Zugführer: “We-Wer seid ihr?! W-Wa... Was tut ihr hier?! 

Lias Augen wanderten überrascht in die Richtung der heiser klingenden Stimme. Ein blondhaariger Mann, so Ende 20 / Anfang 30 stand zusammengezuckt in der Ecke jener Kabine, die seinen Arbeitsplatz ausmachte. 

 

Lia: “Oh, welch verlorene Seele habe ich denn hier entdeckt? Ist das nicht unser lieber Kondukteur, der ruhig zwischen seinem Sitze stecken bleibt, als wäre alles außerhalb seiner Kuppel vollkommen akkord... 

Besorgter Zugführer: “Ihr dürft hier nicht sein...” 

Lia: “Na, sicherlich...”, grinste sie finster. 

Besorgter Zugführer: “Ihr... ihr bekommt so was von Ärger dafür. Nein... Nein, ich bekomm so was von Ärger dafür. Oh Gott, ich verliere eventuell sogar meinen Job...” 

Die Pupillen des Zugführers verblassten in himmlische Sphären. 

 

Fina: “Bäh! Menschen wie ihn kann ich am allerwenigsten ausstehen... Denken, wenn es drauf ankommt, immer nur an sich...” 

Lia: “Lass gut sein, Finchen... Abschaum muss es auch geben...” 

Besorgter Zugführer: “...Wa-Was wollt ihr hier!?” 

Lia: “Sie helfen uns doch sicher, die Waggons abzukoppeln...” 

Desinteressiert ließ sich der Zugführer wieder in seinen Sitz fallen. Es war offensichtlich, dass dieser innerlich schon aufgegeben hatte. 

Doch Fina ließ sich seine Reaktion gar nicht erst gefallen. Düster dreinblickend lehnte sie sich direkt über dessen Gestalt hin und flüsterte ihm Furcht gebietend in die Hörmuschel. 

Fina: “An... sons... ten...” 

 

Lia: “Ha! Ich mochte schon immer Rühreier zur Frühstücksmilch...”, erwähnte sie mit leicht spielerisch klingender Stimme, während sie die lauter buntblickendenden Knöpfe mit seitwärts gerichtetem Kopf inspizierte. 

Besorgter Zugführer: “...schluck... Ni-Nicht nötig...” 

Fina: “Dann legen sie besser los! Wo befindet sich die Steuerung für die Waggons?!” 

Besorgter Zugführer: “Glau-Glaubst du wirklich, ich hätte das nicht schon längst versucht?! Es ist, als ob die komplette Elektronik ausgefallen wäre... Da-Das hat eh keinen Zweck...” 

Lia: “Fina, ich glaub, ich bekomm gerade Heißhunger...” 

Fina: “Keine Sorge! Essen ist schon unterwegs...” 

Besorgter Zugführer: “Nein, oh bitte nicht! Hör wenigstens, was ich zu sagen habe...” 

Der Bahnangestellte begab sich laut schnaufend und augenrollend an die Bedienelemente des Führerstands. Fina und Lia beobachteten, wie er bedacht ein paar Schalter umstellte. 

 

Besorgter Zugführer: “Arrgh! Verdammtes Drecksding noch mal! Da hilft echt nichts mehr... Selbst die Pneumatik lässt sich nicht bedienen... Rein gar nichts rührt sich...” 

Frustriert über den Ausfall der Technik drehte sich die Stimmung des Zugführers komplett. 

Lia: “Wollen sie etwa weismachen, dass sie zu nichts zu gebrauchen sind? Keine Sorge, dem war mir schon davor bewusst...” 

Besorgter Zugführer: “Grr... So was sollte gar nicht passieren können...” 

Fina: “Wenn es elektrisch nicht funktioniert, gibt es vielleicht noch eine andere Möglichkeit, die Waggons abzukoppeln?” 

Besorgter Zugführer: “Ja, aber nur noch manuell...” 

Fina: “Und wie sieht diese manuelle Abkopplung aus?” 

Besorgter Zugführer: “Zwischen den Waggons befindet sich eine während der Fahrt gespannte Spindel, die die Wagen miteinander zusammenhält. Sobald die Elektronik ausgeschaltet ist, kann man diese auch manuell lösen... Heißt abkoppeln...” 

 

Lia: “Tss, was tun wir dann noch hier?” 

Besorgter Zugführer: “Doch ich weiß nicht, ob das jetzt überhaupt möglich ist, da der Zug nicht zu Halt kommt...” 

Fina: “Einen Versuch ist es wert...” 

Besorgter Zugführer: “Nein! Denn selbst wenn es funktionieren sollte, ist es während der Fahrt komplett geistesgestört, dorthin zu gelangen...” 

Lia tippte dem Lokführer kuckucksklopfend auf die Stirn. 

Lia: “Hallo, jemand da oben?! Noch nicht aufgefallen, wie die gesamte Situation komplett geistesgestört ist...” 

Fina hechtete durch das Loch der zerbrochenen Scheibe, obwohl die Fahrertür von innen offen war. 

Lia: “Doch lieber gehe ich zugrunde, mit meinen beiden Händen in Schmutz gehüllt, als für den Rest der Zeit in meinem Stuhl festzustecken...” 

Fina: “Komm Lia, wir sollten uns noch mal mit Isa absprechen...” 

Lia: “Ja, sollten wir...” 

Lia sprang ihr nach. Erschöpft ließ sich der Bahnangestellte wieder in seinen Sessel nieder. 

Besorgter Zugführer: (“Puh... Ich wusste gar nicht wie gruselig Mittelstüfler heutzutage sein können...”) 

 

-Der Anruf zwischen den Gruppen- 

Marcus: “Hey, ich bin jetzt beim Lichtsignal angekommen... Doch noch sehe ich euch nicht...” 

Er hatte es also noch rechtzeitig geschafft. Einige Meter von der Schwinderlinger Bahnstation entfernt, befand sich ein Eisenbahnsignal, dass sonst die Erlaubnis für eine weitere Fahrt zeigt. Von dort aus sollte er abschätzen, wann die Notbremse gezogen werden muss, um das Metallross mit der größtmöglichen Wirkung aufzuhalten, bevor es den uns allbekannten Bahnsteig erreicht. 

Um sich einen besseren Eindruck zu machen, sprang er auf einen etwas höher gelegenen Felsen, der sich in Nähe befand. 

Marcus: “Hopp! Nein, kein Zug in Sicht...” 

Fest in seiner Hand hielt er unsere einzige Möglichkeit, von den Geschehnissen im Zug mitzubekommen. 

 

Isa: “...Arrgh! Warum muss er auch immer so ein Blockkopf sein!? ...” 

Marcus: “Hmm?” 

Isa: “Ich mein... Muss er denn so stur sein? ...” 

Marcus: “Du sorgst dich wirklich um ihm, he?” 

Isa: “Aber natürlich... Wird ihm bei dieser Aktion irgendetwas zustoßen, dann...  dann...” 

Marcus merkte ihren Zweifel und Unwohlsein auch durch den Hörer sofort. 

 

Marcus: “Haha, schon gut... Ich glaube, ich kann verstehen, wie du dich fühlst...” 

Isa: “...huh?” 

Marcus: “Ja, denn mir ergeht es gerade nicht wirklich anders... Alle Teilhabenden hier müssen die Dinge heut bis zum Ende sehen... Andernfalls weiß ich nicht, ob ich auf diesen Tag je freudig zurückblicken werde...” 

Isa: “...” 

Marcus: “Isa?” 

 

Isa: “Ich kann nur nicht verstehen, warum er das dauernd mit sich machen lässt... Nichts wird sich durch seine Einstellung ändern! Egal, was er sich daraus versprechen mag, er irrt sich!” 

Marcus: “Hmm, zuerst habe ich es auch nicht verstanden... Oder vielleicht auch nicht verstehen wollen... Seine so oftmals zynische Art lässt es einen auch nicht einfach machen, mit ihm stets zu sympathisieren...” 

Isa: “...” 

Marcus: “Tschuldigung, ich habe geholfen, ihn hierzu zu drängen... Mag sein, dass dies nicht richtig war... Trotzdem bin ich der festen Überzeugung, dass sein Herz an der rechten Stelle sitzt.” 

Isa: “Das bin ich auch...” 

Marcus: “Vielleicht ist es, wonach er sich sehnt, etwas ganz anderes als das, was er uns zu glauben und denken vermag... Etwas, was wir von unserer Sicht gar nicht erfassen können... 

Isa: “...dennoch sollte er nicht nach Fantasien jagen...” 

 

Fina: “Isa, schnell... Es gibt ein Problem!” 

Isa: “Huh? Was ist denn los?” 

Lia: “Die Steuerung für die Entkoppelung der Waggons ist ausgefallen...” 

Isa: “Was?! Und jetzt...?!” 

Fina: “Der Zugführer meinte, dass die einzige andere Möglichkeit wäre, die Waggons manuell zu entkoppeln...” 

Isa: “Und das geht?” 

Lia: “Ha! Ja, schon... Doch das müsste jetzt, wenn dann schon jemand, während der Zug noch am schesen ist, versuchen...” 

 

Die beiden Mädchen hatten es zu Isa geschafft. Dort angekommen teilten sie Isa mit, was sie in der Führerkabine erfahren hatten. 

Isa: “A-a, kommt überhaupt nicht infrage! Da-Das ist viel zu gefährlich... Wir müssen etwas anderes finden!” 

Rundum schaute sie sich wie wild im Zug um. In der Hoffnung, etwas Hilfreiches zu finden. Etwas, was sie aus der Situation bringen könnte. 

Doch wohin sie auch spähte, alles was sie nur noch sah, war eine Masse von Menschen, die egal wie jung oder alt sie auch erschienen, den festen Anblick von Terror wie die Farbschicht eines Gemäldes auf dem Gesicht an sich heften hatten. 

 

Fina: “Isa, es gibt nichts anderes...” 

Sie konnte sehen, wie Isa der Angstschweiß ihr Gesicht herunterrann. 

Isa: “Nein, das lass ich nicht zu! Marcus, du musst die Aktion ablasen! Wir schaffen es nicht, die Waggons loszuwerden!” 

Marcus: “Isa, ich weiß nicht, ob ich es rechtzeitig zurückschaffe...” 

Isa: “Bitte, du musst es versuchen! Bitte!” 

Marcus: “Hör mal, wie stellst du dir das vor? Ganz geschweige davon, ob ihn jetzt noch irgendetwas dazu überreden könnte, sich von den Schienen wegzube---” 

Fina: “Isa, lass es mich versuchen!” 

Isa: “Nein...” 

Sie schüttelte den Kopf. 

Isa: “Ich werde es selber machen...” 

Fina: “Isa...” 

 

Lia: “Ha! Sieht so aus als, wirst du mal wieder das Rampenlicht stehlen... Los, auf gehts... Uns bleibt nicht mehr viel Zeit...” 

Isa: “Richtig... hier...” 

Isa übergab Lia ihr Telefon mit dem immer noch laufenden Anruf. Lia schaute auf das Gerät. 

Lia: “Ich verspreche...” 

Dann blickte sie hinauf zu Isa. 

Lia: “Ich werde ihn nicht enttäuschen...” 

Isa: “Ja, you better...” 

Dann trennten sie sich. 

 

-Zurück auf den Schienen- 

(21, 22, 23, 24, 25!) 
Reiß dich zusammen, ich! Ich weiß wir können das schaffen! 
(26, 27, 28, 29, 30!) 
Das Geheimnis der Kraft wird sich uns lüften! 
(31, 32, 33, 34, 35!) 
Auch wenn es unmöglich erscheinen mag... 
(36, 37, 38, 39, 40!) 
Oh, man... Schwitze ich etwa? Wie kommt es das es so warm wird? 

Der Junge stand mit sich selber im Konflikt. Er wusste, dass er keine andere Wahl hatte, als die Leute im Zug zu retten. Doch er wusste auch, dass er mit Sicherheit wieder die Kontrolle verlieren werden würde. 

Er versuchte sich an seinen bisher beständigen Idealen festzuhalten. Doch als er innerlich damit begann, entstanden Fragen in ihm auf, die schon seit Urzeiten seines Selbst tief versunken in ihm geschlummert hatten. 

Was möchte ich...? Wieso möchte ich...? Wer möchte ich...? 
Doch dafür war nun weder Zeit noch Raum. 

 

(“---Moment... Wo ist eigentlich Tetra? Sie sollte doch heute eigentlich auch zur Schule gehen... / Ist es möglich, dass Judith sie auch mitgenommen hat? / Nein, das hätte sie mir bestimmt unter die Nase gerieben... / Verdammt, wo ist sie?!---”) 

Mein Körper war auf den Schienen wie Asphalt gefestigt. Doch meine Gedanken begannen sich wieder zu lösen. Ich konnte meine Konzentration nicht aufbehalten. Zu viel belastete meinen Verstand. 

(“---Immer noch habe ich keine Antwort auf meine dringlichste Frage... / Es macht mich total kirre im Kopf... / Was ist gestern geschehen...? / Keiner konnte es mir sagen... /...Am Ende stehe ich doch ganz allein da. Nicht Noel, nicht Noah, nicht Isa und ni-- 

 

Markus: “...Hey! Nicht Tagträumen, Alex!” 

Verunsichert blickte ich wie ein Paar abgetretene Schuhe in seine Richtung. 

Markus: “Es ist okay, wenn deine Gefühle dich jetzt bedrücken mögen. Doch vergiss nicht, dass dein Leben dir gehört. Was auch immer jetzt geschehen mag, am Ende ist vollkommen egal...” 

Mit der linken Faust schlug er nach mir. 

Markus: “Du musst nicht beweisen, anders zu sein!” 

Ich nickte. 

“Du hast recht...” 

Ein seltenes Lächeln formte sich in seinem Gesicht. 

Markus: “...Haha, natürlich habe ich recht!” 

(41, 42, 43, 44, 45, 46, 47-48-49-50! 51, 52, 53, 54, 55, 56, 57-58-59-60!) 

 

Mysteriöse Stimme: (“Ach, hat er das wirklich...?”) 

(“...Arrgh! Du!?”) 

Plötzlich enterte eine mir mittlerweile nun zu vertraute Stimme meine Gedanken. Auch fing mein Kopf daraufhin an, schmerzhaft zu stechen. 

Auserwählter: (“Alex, du bist was Besonderes... Ich gab dir eine Kraft, die mir persönlich so viel bedeutet. Und das noch ist um Längen untertrieben... Jemand mit schelmischem Humor würde sogar sagen, sie bedeutet mir die Welt... Aber lassen wir den Galgenhumor...”) 

(“Ich habe schon gesagt, dass du mich nicht interessierst! Und das hat sich auch nicht geändert!”) 

“Warum sollte ich was herausfinden, was ich eh schon weiß?! Noch  dazu, was interessiert es mich, als wer sich der große Ausgezählte zum  Fasching verkleidet?!” 

Auserwählter: (“Trotz dessen werde ich nicht zulassen, dass du sie nichtig redest... Die Kraft, die es ermöglicht, selbst gegen das Schicksal anzukommen!”) 

 

Auch wenn er keineswegs in tatsächlicher Gestalt vor mir auftauchen konnte, so hatte ich ihn trotzdem klar vor Augen. Zumindest so verhüllt im Dunkeln wie aus dem gestrigen Traum. 

Auserwählter: (“Du hast sie gestern in der Stadt gesehen... Ich meine das Ausmaß dieser Kraft. Hahaha... Wie wagst du zu sagen, dass dies nichts Besonderes sei?”) 

(“Diese Kraft gehört mir nicht! Sie ist nicht ich! Nun verschwinde aus meinem Kopf... Ich muss mich konzentrieren...”) 

Auserwählter: (“Komisch, wie du das immer noch behaupten kannst, wenn du gerade so sehnlichst versuchst, sie erneut zu aktiveren...”) 

(“Tss...”) 

Auserwählter: (“Diese Kraft ist nun ein Teil von dir. Du hast sie akzeptiert... Sie hat dich akzeptiert... Es gibt kein Zurück mehr!”) 

 

(“Was ist es, was du von mir willst, Weichei?! Sag mir nicht, du bist für die ganze Misere hier verantwortlich?!”) 

Auserwählter: (“Immer noch so gemein, huh? Nein, ich habe mit dem Ganzen nur bedingt was am Hut. Im Gegenteil... Ich bin gekommen, um dir zu helfen... Es wäre ja ein wahrer Jammer, wenn deine Geschichte hier schon ihr Ende finden würde, nachdem du solche Bemühungen gestern noch gezeigt hast...”) 

(“Bemühungen...?”) 

Auserwählter: (“Trotzdem muss ich gestehen, dass deine bisher getätigten Entscheidungen mich doch zweifeln ließen, ob du deines höheren Potenzials überhaupt würdig bist. Hahaha... Aber noch ist kein Meister vom Himmel gefallen, was?”) 

(“Hör mit dem Geschwafel auf, du!?”) 

 

Auserwählter: (“Nein Alex... Erst wenn du verstanden hast, was du mir bedeutest... Siehst du nicht, wie du mit dieser Kraft in dir das stärkste Wesen bist, was auf diesem Planeten wandelt?”) 

Erinnerungen von gestern tauchten wie Bilder vor meinem geistigen Auge auf. Sie ähnelten den Bildern vom letzten Mal. Doch diesmal waren sie um einiges klarer. 

Auserwählter: (“Trotzdem lässt du dich fast von einer Pistolenkugel treffen, zerstörst in der Wut eine gesamte Straßenkreuzung und schlussendlich lässt du dich am nächsten Tag von einem Zug überfahren... Das ist schon ziemlich absurd, wenn man das komplette Skript kennt...”) 

(“Willst du mir jetzt auch noch sagen, dass ich ein Idiot bin?! Ich habe es langsam verdammt noch mal kapiert!”) 

 

Auserwählter: (“Hmm... Hast du das in der Tat?! Oder magst du das nur zu glauben tun?!”) 

Jetzt zeigte mir Bilder von ihm an der Bank der Stille. 

Auserwählter: (“Gestern erst habe ich dir mein großzügiges Geschenk überreicht, welches es dir erlaubt, deine Kraft einzusetzen, um alles Vorstellbare zu teleportieren. Ich bin sogar extra einen Schritt weitergegangen und habe einen nostalgischen Touch hinzugefügt...”) 

(“NUT...”) 

Auserwählter: (“Ja, hättest du seines Macht Gebrauch gemacht, hättest du heut alle Personen aus dem Zug rausteleportieren können...”) 

 

Diesmal ließ es ein Bild erscheinen, das weder die Vergangenheit noch die Gegenwart zeigte. 

Auserwählter: (“Natürlich hätte das durchaus bedeuten können, dass du im Versuch all deine Kraft einsetzen hättest müssen und dabei gestorben wärst... Aber eines wäre sicher...”) 

Das merkwürdige Bild verschwand. 

Auserwählter: (“Du hättest deine Freunde gerettet...”) 

Ein Phantom des Zuges tauchte plötzlich vor mir auf und erschreckte mich halb zu Tod. Zum Glück blieb ich vor lauter Schreck tonlos. 

Auserwählter: (“Jetzt aber bringst du dich nur sinnlos um, in der Hoffnung das eine Kraft, die du nicht akzeptieren willst, dir hilft, den Helden zu spielen. Du bist wahrlich voll und ganz hoffnungslos...”) 

(“Hoffnungslos, huh...?”) 

 

-Am Ende des Führerwaggons- 

Isa: “Bitte, ich flehe sie an! Sie müssen uns helfen, den Zug aufzuhalten! Es gibt eine Möglichkeit, die anderen Waggons abzukuppeln! Doch wir brauchen ihre Hilfe!” 

Adulter Passagier: “Pfff... Schöner Witz, Göre! Nicht mal der Zugführer will etwas unternehmen und der sitzt mit der Zentrale am Ohr... Tut mir leid, Mädel... Die Sache ist aussichtlos...” 

Isa: “Hrrmpf...” 

Sie drehte sich zur nächstälteren Person, die sie fand. 

Isa: “Hey, entschuldigen sie... Wollen sie uns helfen die Wagg---” 

Adulte Passagierin: “Armes Mädchen, ich weiß das Ganze ist beunruhigend, doch du solltest nicht solche Lügen verbreiten... Das macht es nur noch schlimmer...” 

Isa: “Aber ich lüge nicht...” 

  

Immer weiter versuchte sie an die Menschen im Zug zu appellieren, doch ohne Erfolg. 

Oberstufenschüler: “Selbst, wenn das klappt... Was hilft das uns?! Wir stecken immer noch hier fest... Die einzige Möglichkeit ist es, nur noch aus dem Zug springen und viel Spaß dabei, das zu überleben...” 

Ihre Augen zuckten. Sie konnte nicht glauben, wie hemmungsvoll sich alle verhalten. 

Fina: “Es hat keinen Zweck. Ihre Moral ist schon gebrochen...” 

Isa: “Ja, ich merke es... Doch verstehen tue ich es nicht.” 

 

Die beiden Mädchen hatten sich durch die beunruhigten und von Schwermut umhüllten Menschenmasse geboxt. Mit jeweils einem Sicherheitshammer in der Hand standen sie nun gemeinsam, um die beiden hintersten Fensterscheiben des vordersten Zugabteils einzuschlagen. 

Die Waggons waren nämlich nicht untereinander begehbar, wie es vielleicht bei einigen Reisezugwagen der Fall sein mag. Es existierte aber ein kleines Podest am Ende des Wagens, auf das man sich stellen konnte, um die Kupplung zu lösen. Doch dieses war nun von außerhalb des Zuges zu erreichen. 

 

Fina: “Bereit?” 

Isa: “Yeah...” 

Klirr...  

Klirr... 

Ein Glas wurde zerschmettert, um eine alternative Route außerhalb des Zuges zu schaffen. Das andere um den Windsog der dabei entstand, durch das andere Fenster auszugleichen. 

Und so zerrissen zwei weitere Scheiben, damit ein neuer Versuch dem Schicksal zu entkommen beginnen konnte. 

 

Isa: “So viele Spiegelungen...” 

Fina: “Man sagt Scherben bringen Glück...” 

Isa: “Ja, hoffen wir mal, dass sich das heute bewahrheitet... Hmph...” 

Isa begab sich vorsichtig aus dem in Fahrtrichtung rechten Fenster und hielt sich mit beiden Armen an Fina fest. Die Haare der Mädchen flogen mit dem Windzug hinweg. Langsam streckte Isa ihren linken Fuß in Richtung Plattform. 

Fina: “Hrrngh! Bist du mit deinem Fuß schon dran?!” 

Isa: “Fast... Es fehlt nur ein kleines Stück...” 

 

Trotz der Schwierigkeit war das Erreichen dieser Plattform die einzige Möglichkeit. Denn nur von dort konnte man sich ansatzweise erhoffen, den Schwengel zwischen den Waggons hängend zu erreichen, um durch dessen Betätigung die stramm gezogene Spindel der Kupplung zu lösen und damit die Wagen schlussendlich voneinander zu trennen. Zumindest war dies die Theorie. 

Immer weiter streckte sich Isa um der Plattform näher zu kommen. 

Fina: “Isa, ich kann dich nicht mehr lange halten...” 

Isa: “Nur noch ein bisschen, Finchen... Ich bin gleich dran...” 

 

Von den drei Mädchen war Isa auf jeden Fall die Größte und Längste. Daher war sie auch die Bestgeeignete für die riskante Aktion und das wussten sie alle auch. Doch trotzdem hatte Fina die berechtigte Befürchtung, dass wenn sich Isa zu sehr nach außen aus dem Fenster lehnt, sie aufgrund des starken Fahrtwinds nicht mehr gehalten werden kann und weggerissen wird. 

Dennoch hatte sich Isa nach draußen gewagt und so wusste Fina, dass sie das unter keinen Umständen konnte geschehen lassen. 

Fina: “Isa, es geht nicht... Es wird zu schwer...” 

Isa: “Kooooooomm, just a little bit moooore...” 

 

Nach kurzer Dauer schon machte der von draußen durch die Geschwindigkeit erzeugte Windsog Fina mehr zu schaffen, als sie anfangs vermutet hatte. Sie wusste, sie konnte Isa nicht loslassen, solange sie sich nicht mit ihren Füßen in die Metallstreben der Plattform einhacken konnte. Zwischen Fenster und Ende des Zuges lagen noch mal ungefähr zwei Meter, die Isa mit ihrer Körperlänge erstrecken musste. 

Fina: (“Mit einem langen und kräftigen Beintritt sollte das von dort aus durchaus möglich sein... Das ist es woran du denkst, nicht wahr? Doch das Ganze ist sinnlos, wenn du dorthin nicht gelangst, Idiot...”) 

Finas Schweiß rannte ihr die Arme hinunter und löste langsam ihren Griff. Trotz dessen streckte sich Isa weiterhin soweit sie konnte. Sie war fest der Überzeugung, dass sie es schaffen kann. 

 

Fina: “AHHHH, ISAAAAAA...” 

Die Kraft in Finas linkem Arm ließ nach und sie musste eine Hand loslassen. 

Isa: “Ich hab’s... Ich hab’s...” 

Fina: “Isa, lass es sein! Ich kann nicht mehr...” 

Isa: “Nein! Ich bin so nah dran...” 

Fina: “Das ist es nicht wert...” 

Isa: “Lass mich los! Ich glaub, ich schaff es, mich am Gerüst festzuhalten...” 

Fina: “Bist du wahnsinnig?! Und was, wenn nicht?!” 

Isa: “Vertrau mir... Es gibt kein nicht!” 

 

Trotz ihrer Worte konnte Fina nicht loslassen. Alles in ihr sagte, dass sie unter keinen Umständen loslassen sollte. Doch die Zeit spielte gegen sie. Ihre Kraft würde sie früher oder später im Stich lassen. 

Fina: “Hrrngh! AHHHH... ISA! NEIIIIIN!” 

Isa: “Ich hab’s... Ich hab’s... Ich hab’s... Ich hab’s...” 

Fina konnte sie nicht länger halten und sie entglitt auch ihrer anderen Hand. Isa fegte es sofort vom Zug den Schienenweg entlang. Doch ihre Reaktionen zeigten sich blitzschnell. 

Deckungsgleich mit dem Loslassen der rechten Hand hielt sie ihren linken Arm gegen die Richtung des Windes aus. Gerade so ihre Fingernägel reichten nach dem Gerüst aus und kratzten am Stahl des Zuges. Unter hoher Anstrengung konnte sie die Metallplattform krampfhaft fassen. Der Versuch glückte. 

Isa: “Ich hab’s...? Ja, ich habe es!!!” 

Fina: “ISA!” 

Isa: “Keine Angst mehr... Ich bin dran!” 

Fina: “Puh! Ein Glück...” 

 

Fina stöhnte erleichtert. Jedoch begann der schwierige Teil für Isas erst jetzt. Denn nun musste sie sich gegen den Fahrtwind drücken um sich schlussendlich hoch aufs Gerüst zu hieven.  

Isa: “Hrrrnngh... Hrrnngh... Hrrrnnnngh...” 

Immer wieder versuchte sie sich gegen den Druck zu stemmen. 

Isa: “Hrrrnngh... Hrrnngh... Hrrrnnnngh... Hrrrnngh...” 

Und erneut und erneut. 

Isa: “Hrrrnngh... Hrrnngh... Hrrrnnnngh... Hrrrnngh... Hrrnngh...” 

 

Jedoch egal wie sehr sie es auch versuchte, sie kam kein Stück voran. Der Raum spielte gegen sie. Und so würde auch ihre Kraft sie früher oder später im Stich lassen. 

Isa: “Hrrrnngh... Das kann... Hrrnngh... es jetzt doch... Hrrnngh... nicht gewesen sein? Wir sind so weit gekommen... Hrrnngh!” 

Doch es hatte keinen Zweck. Jegliche Bemühungen schienen keinerlei Auswirkungen mit sich zu ziehen. Langsam schnitt der scharfe Wind sich in ihre Gesichtsfalten. Ihre Finger zerrten sich vom Morgentau gefrorenen Metall. Wie eingefrostet flatterte ihr Körper in der Luft. 

Dazu gezwungen, für immer vom Zug mitgerissen zu werden. Und nie wieder von Ort und Stelle zu kommen. Mit einer Hand am Gerüst. Mit der anderen nach vorne streitend. 

 

Isa: “Arrgh! Ich kann nicht... hech... Ich schaffe... hech... nicht...  

Ein aussichtsloser Kampf. Denn die Niedergeschlagenheit ihrer eigenen Schwäche sollte sie von innerhalb des Zuges mit vorschreitendem Entgegenwirken immer mehr einholen. 

Isa: “Ich habe... hech... fest daran geglaubt... hech... ich würde es schaffen... hech... So wie... hech... er es immer macht... hech... hech... Doch ich bin ehrlich... hech... In Wirklichkeit... hech... war es immer nur ein Traum gewesen... 

...Ich bin einfach hoffnungslos... 

 

“Was ist hoffnungslos?” 

Isa: “Huh?” 

Ein Bild im Inneren des Mädchens erwachte. Ein Bild, das sie in sich verzweigt auf dem kalten Boden ihrer Schule enthielt. Ein Bild, das seitdem es erschaffen wurde, ihren Wirt nie wieder verlassen hatte. Ein Bild, das wie viele andere auch, von außen betrachtet recht nichtig wirkt. 

“Was muss bitte geschehen sein, dass gerade dir etwas hoffnungslos erscheint?” 

Isa: “Wie? Ich verstehe nicht...” 

“Ich habe dich beobachtet... Von früh am Morgen bis zum Mittag hinweg... Und das gestern, vorgestern und die ganze Woche lang...” 

Isa: “Was? Wieso?!” 

Eine besagte Person, fest im Bild verankert, setzte sich mit einer gewissen Begierde in den Augen, einem fanatischen Bewusstsein und einem fantastischen Sinn zu ihr hin. 

“In allem was du auch tun magst, steckst du solch Fleiß und Mühe rein, dass es ein Wunder für mich zu glauben ist, wie dir irgendetwas hoffnungslos erscheinen kann...” 

 

Verwundert über diese sonderbare Observation, traute sie sich noch ein letztes Mal ihre Hand auszustrecken. In sich gekehrt stöhnte sie auf. 

Isa: “...Weißt du schon, was du später einmal tun willst, wenn alles mit der Schule und so vorbei bist? 

“Nein... Um ehrlich zu sein, ist mir das gerade ziemlich egal...” 

Isa: “Heißt, du machst dir nie Gedanken über das, was du später einmal machen wirst?” 

“Nein, nicht wirklich...” 

Isa: “Aber eines Tages, da musst du dich entscheiden... Und was wirst du dann wählen?” 

“Weiß ich nicht... Sehe ich dann...” 

 

Isa: “Siehst du... Ich kann das nicht so einfach... Ich muss jetzt schon wissen, was ich tun will... Doch jeden, den ich um Rat gefragt habe, drehte mir nur den Rücken zu...” 

“Warum willst du denn jetzt schon wissen, wonach dein zukünftiges Herz sich sehnt? Macht das nicht alles Kommende obsolet?” 

Isa: “Keineswegs! Denn dann kann ich mich schon darauf vorbereiten...” 

“Auf, was?” 

Isa: “Na, auf den einen Weg, den ich stets vor Augen haben will, um ihn eines Tages mit dem besten meiner Fähigkeiten versuchen zu bewältigen...” 

 

“Ich verstehe... Doch wenn es sich dir als so schwierig zeigt, ist es dann überhaupt wert nachzugehen?” 

Isa: “Natürlich! Denn es ist von überaus großer Bedeutung...” 

Die Person hob ihre Augenbrauen. Ihr bis gerade trübes Gesicht steckte nun auch voller Verwunderung. 

“Und, warum ist dir das so wichtig? Ich mein, bis dahin ist noch eine ganze Weile hin...” 

Das Herz des Mädchens erstarrte. Kalt frierend verlor es jeglichen Willen. 

Isa: “Ich weiß auch nicht... So bin ich eben...” 

 

“Ntss...”, schnalzte die Person abfällig. 

Innerhalb Sekunden reagierte die Person auf ihre Aussage. Überrascht davon neigte sie ihren Kopf seitlich zu ihr. 

Isa: “Hey... Habe ich etwas Falsches gesagt?” 

“Hmm... Nein...” 

Isa: “Was ist es dann?” 

“Das, was du sagtest, hat mich an etwas erinnert, was mittlerweile eine ganze Weile zurückliegt...” 

Isa: “Etwas schönes?” 

“Nicht unbedingt... Doch ich bewerte diese Dinge nicht mehr...” 

Isa: “Was für Dinge?” 

 

Plötzlich musste die Person laut kichern. Erstaunt über diesen eigenartigen Ausbruch an Emotion wurde sie neugierig. Selbst überrascht fasste sich die Person an den Schädel, was den Effekt irgendwie nur noch schlimmer machte. Sie konnte sich kaum noch halten. 

Isa: “Hey, was ist so lustig?!” 

“Hahaha... Unwichtig... Hahaha... Hahaha...” 

Isa: “Trotzdem... Ich möchte es wissen...” 

“Hahaha... Ein andermal, ok?” 

Isa: “Fine...” 

 

Nachdem das Mädchen nachgab, begann die Person sich beruhigen. Als das Ganze zum Halt kam, fing sie an, sich in die Hände zu reiben. 

“Nun gut... Dann lass mir dir helfen, diesen Weg zu finden...” 

Isa: “Was? Und wie?!” 

“Ganz einfach... Zuerst müssen wir ausfindig machen, was deine Rolle auf dieser Welt ist...” 

Isa: “Haha... Das sagt sich so leicht...” 

“Ja, weil es eben so leicht ist...” 

Sie versuchte der Person zu folgen, doch je länger sie es versuchte, desto verwirrter war sie. 

 

“Von nun an werde ich auch auf dir ein genaues Auge halten... Solang bis ich herausgefunden habe, welchen Weg du einstreiten wirst... Dann sobald meine Analyse abgeschlossen ist, werde ich dir von meinen Funden berichten...” 

Isa: “Analyse?” 

“Bis dahin bitte ich dich deinen Kopf oben zu halten und nicht an Hoffnung zu verlieren... Ansonsten fürchte ich, dass ich dir nicht mehr helfen kann...” 

 

Isa: (“Ich habe damals nicht ganz verstanden, was er mit alledem gemeint hatte... Doch irgendwie hatte das Ganze etwas Heroisches an sich... Wie er mir bei etwas helfen wollte, wo alle anderen mich im Stich gelassen hatten... Wie er mir bei etwas helfen wollte, wo er genau wusste das es für mich selber galt, dass herauszufinden... So fand er trotz dessen eine Möglichkeit mir beizustehen und das auf seine ganz eigene und ihm natürlich wirkende Weise... Er konnte mir eine Versicherung geben, die mir kein anderer hätte geben können... Und zwar, dass jemand stets hinter mir steht, egal wie Dinge laufen, egal wer was sagt oder wer was meint... Egal wie weit mein Weg gegen Nord/Süd auch gehen sollte, er würde da sein und mich nicht bewerten oder beurteilen, sondern mir einfach nur beistehen... Und auch wenn es merkwürdig klingt, es war genau das, was ich in diesem Moment am meisten gebraucht hatte...”) 

 

Isa: “Und was, wenn ich das nicht schaffen sollte? Was, wenn mein Kopf sich einmal senken sollte? Was tue ich dann?” 

“Oh, ganz einfach... Dann erinnere dich, von wo du angefangen hast und tue nur dies eine...” 

Der Junge stand wieder auf und entfernte sich langsam. 

Isa: “Ja, und was?” 

Der Junge grinste breit in sich rein. 

“Na, Lächle...” 

Isa: “Huh?” 

“Vergesse niemals, was für ein schönes Lächeln du besitzt...” 

Das Bild im Inneren des Mädchens zersprang. Und so zerriss das vierte und finale Glas, resultierend in das Durchbrechen des bestehenden Limits. 

Isa: “Danke, Alex... Dank dir weiß ich mittlerweile, was ich nun später einmal tun werde. Trotz dessen das mir an jenem Tage jeder den Rücken drehte, für wer ich bin, möchte ich ihnen helfen... Ihnen allen... Denn auch sie können eventuell eines Tages dort landen, wo ich war... Und dann will ich für sie da sein, so wie du mich da gewesen bist... Ich weiß, welchen Weg ich gehen will... Ich habe mich entschieden...” 

“ICH WERDE DIESE MENSCHEN RETTEN!” 

​

-In den Tiefsten des Jungen- 

(61, 62, 63, 64, 65!) 
Lächle Alex, Lächle! 
(66, 67, 68, 69, 70!) 
Auch wenn du sie nicht verstehst... 
(71, 72, 73, 74, 75!) 
Auch wenn du das Selbstvertrauen verlierst... 
(76, 77, 78, 79, 80!) 
Liebe Alex, Liebe! 

Nachdem der Junge realisierte, dass alles was ihn bisher ausgemacht hatte, ihm nun weder Halt noch Identität zu geben schien, verlor er jegliches Interesse an sich und begann seine Gesamtheit von sich abzuwerfen, um schließlich ein neues Selbst zu bilden. Die Fragen, die bis gerade tief in ihm versunken schlummerten, fingen an sich zu verändern. 

Wo gehe ich hin...? Welchen gehe ich hin...? Wie gehe ich hin...? 

 

“Hoffnungslos? Ntss, das mag ich sein... Doch wenn ich keinerlei Hoffnung mehr in mir selber finden kann...” 

Ich suchte bewusst mit links nach meinem Herz. 

“Dann tue ich das, was ich schon immer getan habe und suche ich diese eben in anderen...” 

Ich schloss willentlich beide Augen. 

“Mein Leben lang dachte ich, dass ich meinem Schicksal entkomme würde, wenn ich ständig wegrenne... Wegrennen von meiner Vergangenheit... Wegrennen von meinen Fehlern... Wegrennen von meiner Unsicherheit... 

Dann blickte ich dem Schienenweg entschlossen entgegen. 

“Doch ich muss falschgelegen haben...” 

Ich ballte geflissentlich meine rechte Faust zusammen. 

“Denn wohin soll ich nur gehen, wenn ich von allen Seiten in die Ecke gedrängt werde?” 

Ich schüttelte schlussendlich meinen Kopf. 

“Nein, von nun an stelle ich mich der Herausforderung! Ich stelle mich dem Schicksal! Das war es doch, was ich mir gewünscht habe, nicht wahr?” 

 

Auserwählter: “...” 

“Ich werde nicht ruhen, bis ich herausgefunden habe, wer für dies heute verantwortlich ist... Ich werde nicht ruhen, bis ich herausgefunden habe, wo sich Tetra befindet... Ich werde nicht ruhen, bis ich herausgefunden habe, wer ich bin...” 

Schlussendlich übernahm das breite Grinsen mein Gesicht. Und nun mehr denn je, war ich glücklich darum. 

“Und anfangen werde ich bei dir! Ich weiß das du mir Teile der Wahrheit verschweigst, weil du selbst eigene Ziele verfolgst... Du bist genauso verdorben wie ich... Doch irgendwann werde ich die gesamte Wahrheit kennen! Darauf kannst du dein bemitleidenswertes Leben wetten...” 

 

Auserwählter: “Hmm... Wie es aussieht, so habe ich mich selbst doch ein wenig täuschen lassen... Ein Schimmer an Hoffnung scheint noch an dir zu heften...” 

Die Schattengestalt schaute sich genaustens auf dem Bahnsteig um. 

Auserwählter: “Kein Wunder also, das du kein Gebrauch von ihm machen wolltest... Du wolltest dich selbst beweisen, nicht wahr? Denn Hoffnung lässt immer genügend Raum für Stolz...” 

“Ist es nicht offensichtlich, dass diese ganze Aufruhr wegen mir veranstaltet wurde? Also, muss ich auch dafür gerade stehen...” 

Auserwählter: “Hahaha... Diese törichte Einstellung gleicht ihm eins zu eins... Es ist nicht mal eine Überraschung... Die Menschen um dich herum sind dein Ansporn weiterzukämpfen... Deine Motivation weiter herumzuirren...” 

“Na, ist das am Ende wirklich etwas Schlimmes?” 

Auserwählter: “Nein, ganz im Gegenteil... Eigentlich war das zu erwarten...” 

 

Des Auserwähltens Blick wirkte auf einmal irgendwie noch schelmischer als je zuvor. 

Auserwählter: “Schau, wie sie dich alle zusammen angaffen... Alle haben ihre Hoffnung in dich gelegt... Alle vertrauen darauf, dass du sie zu ihrer gewünschten Zukunft bringst... Das muss für dich gerade doch fast wie ein Traum sein, oder?” 

“Huh?” 

Auserwählter: “Deren Anerkennung ist es, wonach du dich ergötzt. Stimmt doch... Deswegen auch der ganze Analyse-Quatsch...” 

“...” 

Auserwählter: “Du willst es nicht einsehen, oder? Wie du sie für deine Spielereien ausnutzt... Wie Puppen in einem Mädchenzimmer...” 

 

“Halt dein Maul! Du hast keine Ahnung von was du das sprichts... Wärst du in meinen Schuhen gewesen... Hättest du dieselben Dinge gesehen, die ich gesehen habe...  Dann hättest du dasselbe getan... Da hätte jeder dasselbe getan... Denn es gab nur eine Möglichkeit, diese Entscheidung zu fällen...” 

Auserwählter: “Bist du dir da auch wirklich sicher? Und ich meine tief in deinem Herzen... Die meisten Dingen, die sich einem nämlich ergeben, haben meist zwei Seiten an sich...” 

Die Schattengestalt warf eine mir unbekannte Silbermünze in die Luft. Eine Seite zeigte ein Abbild von ihm und die andere eines von mir. 

Auserwählter: “Denn was ich glaube, ist das zwischen uns beiden kein großer Unterschied besteht... Auch ich habe einst stets versucht, meine wahren Gefühle zu unterdrücken, um mir einzureden zu können, dass ich das Gute für meine Leute suche...” 

“Ich sagte... HALT DEINE DRECKIGE FRESSE!” 

Auserwählter: “Schon gut, Knilch... Sieht so aus, als hätte ich eine wunde Stelle gefunden...” 

 

Vorsichtig atmete ich tief aus. 

“Ich verstehe nicht, woher du zu glauben scheinen weißt, wer ich bin, wenn nicht mal das Schicksal es zu wissen scheint...” 

Auserwählter: “...” 

“Von nun an werden die Dinge anders laufen... Ich werde nicht mehr warten, bis das Schicksal mich einholt... Stattdessen werde ich es fangen geh-- Nein, jagen! Was auch immer ich möchte... Wann auch immer ich möchte... Wo auch immer ich möchte...” 

Auserwählter: “Hahaha... Dann kommt es schlussendlich doch zu dem! Narren sind und bleiben Narren! Reaktiviere die Kraft, indem du vor deinen tiefsten Ängsten einknickst... Erwecke sie wieder und lasse deinen innersten Gefühlen freien Lauf. Werde das Monster, von dem sich alle fürchten!” 

“Nein, ganz im Gegenteil... Ich werde Ich! Denn solange ich bei den Menschen bin, die ich liebe, bin ich Ich und niemand anderes! Dies ist die Antwort, die ich für mich gefunden habe... Sollen mich doch mein Streben und meine Wut enden... Ich fürchte mich nicht!” 

(81, 82, 83, 84, 85, 86, 87-88-89-90! 91, 92, 93, 94, 95, 96, 97-98!) 

 

Marcus: “...99! JETZT!” 

Lia: “HAAAA!” 

Fina: “Isa, nun...” 

Isa: “Here We Gooo!” 

Noah: “Bitte, lass ihn...” 

Judith: “Oh...?” 

Markus: “Hmm...” 

 

KRAFT tief in mir geborgen, 
Es ist ZEIT! Ich sorge; 
Mich um das WOHL der Leute, 
die mir so viel bedeuten! 
Ich möchte sie bewahren, 
vor allen GEFAHREN; 
Ich möchte sie schützen, 
so zieh ich meine MÜTZEN; 
Ich möchte sie retten, 
drum lass mich werde dein RECKE, 
Ich erlieg dir VOLL und GANZ. 

KRAFT, die mir geschenkt wurde, 
erhöre mein FLEHEN! 

Auch wenn ich diese Worte noch nie zuvor gehört hatte. Auch wenn diese Worte noch nie über meine Lippen gefallen sind. So kamen sie mir bekannter vor, als ich mir selber. Als hätte ich zuvor noch nie etwas anderes vernommen in meinem Leben. Doch uns war bewusst, dass das nicht sein konnte... 

Und so kam die Welt für einen Atemzug zum totalen Halt. 

???: “...Ich habe verstanden! ...So soll es sein!” 

Alex innere Zerrissenheit: 3% 

 

Die Augen des Jungen begannen zu leuchten. So hellgrün wie die Felder seines Heimatdorfes. Die Nase des Jungen begann nach Luft zu schnappen. Es schien, als würde sie den herrschenden Gestank bis in die Tiefen ihrer Atemhöhlen genießen. Die Lippen des Jungen waren blutrot und feucht. Genau wie das getaute Gleis, das nun aufgrund der Räder zu glühen begann. Die Ohren des Jungen wackelten. Sie wackelten normalerweise nicht, doch jetzt in diesem Moment taten sie es schneller als je zuvor. Die Aura des Jungen schien sich mit der Rüstung des Zuges zu messen. Des Jungen Gelüst war wieder in ihm erweckt. 

“HAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA...!” 

Der Junge, umhüllt in der Kraft, packte den Zug mit beiden Armen vorne an wie die Hörner eines Stieres. Noch nie zuvor in seinem Leben hatte der Junge so was Schweres stemmen müssen. Sein untrainierter Körper war auf eine solche Gewalt nicht vorbereitet, sodass es nur eine Frage von Ausdauer war, bevor der Junge in sich kollabieren würde. 

Auserwählter: “Pfff... Warum muss auch alles in Zusammenhang mit dir immer so Klischee enden? Meine Arbeit ist hiermit getan... Ich verschwinde...” 

 

Die Arme des Jungen hatten den Aufprall mit gewaltigen Schäden überstanden. Sie waren in der Lage, den Zug zu halten, doch nicht zu stoppen. Der Junge nutzte die Kraft, um seinen Stand zu festigen, wobei auch seine Beine extremer Belastung ausgeliefert waren. Doch obwohl es aussah, als würde das wilde Biest nicht gegen den Jungen ankommen, gab es nicht auf, als würde es wissen, dass die Kondition des Jungen nicht ewig halten würde. 

“AHHHHHH... Verdammte Scheiße! Wie konnte ich gerade heute meine Schale Müsli auslassen... AHHHHHHHHHHHHHH...” 

Die Last war innerhalb Sekunden unerträglich getrogen. Ich konnte sehen, wie meine Finger, die sich in die Vorrichtung des Zuges verkantet haben, langsam einer nach dem anderen nachgaben. Ich konnte riechen, wie mein warmer Schweiß aus den einzelnen Poren meines Körpers entkam und wie auf den Schienen verdunstete. Ich konnte schmecken, wie trocken die Luft zwischen uns beiden war. Ich konnte hören, wie die Knochen in meinen Beinen merkwürdig knackten und wie das Adrenalin durch meine Blutbahnen schoss. Ich konnte fühlen, wie ich diesen Kampf nicht gewinnen werde. 

Markus: (“WEITER ALEX! Von jetzt an immer nur noch weiter... Auch wenn du dir die Zähne zusammenbeißen musst... Ich weiß du kannst es schaffen! Halt aus... Halt aus, den Schmerz, den du jetzt verspüren magst... Den ansonsten wird dich der Schmerz nie wieder loslassen...”) 

 

Lia: “NGGGHAAAAA! Ouf...” 

Obwohl der Zug noch nicht zum Halt kam, riss Lia die Türen mit Gewalt schon auf. Langsam, aber sicher verließen die Menschen den Zug und begaben sich auf den Bahnsteig. Ich konnte spüren, wie der Waggon immer leerer wurde. 

Auch die Passagiere der hinteren zwei Waggons hatten mittlerweile den Bahnsteig erreicht, nachdem sie frühzeitig durch die Zusammenarbeit von Fina und Isa abgekuppelt wurden. Marcus hatte sie schließlich alle sicher zu den Polizisten hergeführt. 

Doch bevor irgendetwas Weiteres geschehen konnte, sprang Isa von der Plattform und rannte durch die Menschenmenge gerade auf mich zu. Vorne am Waggon angekommen, ihre Haare noch vom Wind in alle Richtungen gesträubt, rempelte sie sich ihren Weg an Judith vorbei und blieb schnaufend neben Markus und Noel stehen. 

 

Isa: “Alex, was zum Donnerwetter machst du?! Ich sagte doch, du sollst nichts mehr Wahnsinniges unternehmen! Gestern sahst du aus, als wärst du enormsten Schmerzen ausgesetzt worden und jetzt verhält es sich nicht kein Stück anders...” 

“Sorry, Isa! Das war der einzige Weg... Ahhh... Ich kann einfach nicht zusehen, wenn ich weiß, dass es etwas zu verändern gilt...” 

Isa: “Doch das Risiko, dich zu verlieren, ist es einfach nicht wert. Ich weiß nicht, was ich gemacht hätte, wenn ich...” 

“Bitte, denk darüber nicht nach... Scheiße! AHHHHHHHH!” 

Isa: “ALEX!!!” 

 

Mit jeder weiteren Sekunde wurden die Schmerzen in den Armen schlimmer. Meine Beine hatte ich schon seit einer Weile aufgehört zu spüren. Allein meine Willenskraft ließ mich noch aufrecht stehen. 

Judith: “Wow, ich kanns nicht ganz glauben... Du hast es echt geschafft, wie deine Freunde gesagt haben, Knirps...” 

“Nein, noch nicht...” 

Ich packte mit meinen aufgeriebenen Händen noch fester zu und blickte hoch zum Metallmonster hinauf. Immer noch machte es keine Anzeichen anzuhalten. 

Isa: “Huh?” 

“Markus, du musst in den Zug steigen! Ansonsten werden wir keine Chance mehr haben, ihn stoppen zu können...” 

Noel: “Was?!” 

Markus: “...” 

“Mit einer Person im Inneren haben wir bessere Möglichkeiten, auf kommende Schwierigkeiten zu reagieren... 

Noel: “Aufkommende Schwierigkeiten? Bist du eigentlich verrückt geworden?! Alle haben ihr Leben riskiert, um aus dieser Sache rauszukommen... Das kann jetzt nicht dein Ernst sein, oder?! 

 

Markus neigte seinen Kopf in meine Richtung. 

Markus: “...du willst das ich die Notbremse erneut ziehe, nicht wahr?” 

“Ja, genau...” 

Isa: “Alex, wirklich... Das ist keine gute Idee... Schau dir nur mal deine Arme an... Du brauchst unbedingt hospitale Hilfe. Einen weiteren Aufprall wie diesen wirst du nicht überleben...” 

“Wahrscheinlich... Doch ich muss es trotzdem versuchen. Wenn wir meinen Freund hier nicht aufhalten, wird er spätestens in der Endstation entgleisen und was befindet sich direkt dahinter?” 

Isa: “das... Bahnhofgebäude?” 

“Bingo! Wenn wir nichts unternehmen, fliegt dort gleich alles in die Luft!” 

 

Ich spürte, wie die Kraft wieder Kontrolle über mich gewann. Auch wurde mir bewusst, wie sehr sie meine Emotionslage beeinflusste. Doch dieses Mal hatte ich den Eindruck, sie um einiges besser regulieren zu können. 

Obwohl ich noch nie welche genommen hatte, so kam mir das Gefühl, das es mit der Kraft ähnlich wie mit Drogen verhielt. Ich konnte nicht aufhören, bis auch der letzte Teil an Energie in mir zu Ende ging. Jede Sekunde dieser Ektase wollte genutzt werden. 

Noel: “Alex, ich bitte dich... Sag mir bitte, dass du das nicht wirklich willst...” 

“Tut mir leid, Noel... Ich werde jetzt nicht aufgeben...” 

Noel kniff seine Hände zusammen. Wutentbrannt rief er in meine Richtung. 

Noel: “Welchen Scheiß willst du hier eigentlich beweisen, huh?! Du hast all diese Menschen gerettet... Ist dir das nicht genug?!!” 

“Nein... Nicht wenn ich in der Lage bin, noch mehr zu tun...” 

 

Durch die Besessenheit war ich selbstbewusst geworden. Ich wollte von den vielen Vorteilen, die sie mir ermöglichte, Gebrauch machen, um sie auf eine neue Ebene zu kultivieren. 

Und selbst wenn dies nicht funktionieren sollte, hatte ich mir einen Back-up-Plan bereitgehalten. Ich wusste, dass auch Markus spekuliert haben wird. Er wollte genauso sehr wie ich diesen Zug anhalten. Dessen war ich mir so gewiss. 

Lia: “Siehst du seine Augen...?” 

Fina: “Ja... das könnte problematisch werden...” 

 

Jetzt kamen auch Fina und Lia zum Geschehen hinzu. 

Lia: “Du bist schon wahnsinnig! Der Bahnhof ist mittlerweile bestimmt abgesperrt worden... Selbst wenn das Gebäude in die Luft fliegt wird, wird niemand zu Schaden kommen...” 

Noel: “Fr. Junks?” 

Judith: “Huh... Sie spricht die Wahrheit. Unsere Einsatzkräfte sollten mittlerweile an Ort und Stelle angekommen sein und den ganzen Platz geräumt haben...” 

 

“Von wegen, es kommt niemand zu Schaden... Ich sehe, was geschehen wird, direkt vor mir... Und ich weiß, dass ich das verhindern kann... Also lasst es mich bitte versuchen...” 

Noel: “Mir ist es scheiß egal, was du anstellst! Doch sobald du andere darin hineinziehst und sie dadurch gefährdest, dann habe ich ein Problem damit!” 

“Du verstehst mich nicht... Wer auch immer hierfür schuldig ist, hat es auf mich und die Kraft abgesehen. Daher bin ich verantwortlich, dass die Bahn außer Kontrolle geraten ist. Das ist doch ziemlich offensichtlich.” 

Isa: “Das heißt aber nicht, dass auch du Schuld daran trägst. Du kannst ja nichts dafür...” 

“Das ist keine Frage der Schuld... Meine Entscheidungen haben mich hierhergeführt, also muss ich das auch wieder ausbaden...” 

 

Noel: “Schuld, Verantwortung... Wen interessiert der Tinnef?! Du sprichst die ganze Zeit nur von dir... Wie du und deins und was auch immer! Obwohl du jedermanns Hilfe brauchtest, hast du nicht einmal gesagt, dass wir den Zug gemeinsam aufhalten werden. Nicht einmal hast du einen Gedanken daran verschwendet, was diese Situation für jeden hier bedeutet... Und trotzdem willst du ihn jetzt in den Zug drängen... Weil du meinst das du der Einzige bist, der diese Last trägst...” 

“Folgender Plan... Wie es aussieht, werde ich eines jede Hilfe   benötigen...” 

Noel: “Doch das war dein Plan von Anfang an... Du hast allen eine Aufgabe erteilt außer Markus... Weil du mit dem schon gerechnet hast... Ganz egal wie verblendet dich diese Kraft macht... Dieses zerstörerische Potenzial ist immer ein Teil von dir gewesen... Schon so lang, wie ich dich kenne...” 

“...” 

Noel: “Sag... Es stimmt doch, oder?” 

 

“Hrrmpf... Von was du da redest, ist mir redlich egal...” 

Isa: “Hörst du überhaupt noch, was du da redest? No rhyme or reason steckt hinter deinen Worten. Du verhältst dich überhaupt nicht, wie ich dich sonst kenne...” 

“Das mag sein... Doch gerade in diesem Moment bin ich so und nicht und niemand anderes... Verstehst du mich nicht, Isa?! 

Isa schaute mich tief bedrückt an. 

Fina: “Und, obwohl du das alles weißt... Obwohl du weißt, dass du dich in diesen Moment nicht richtig entscheiden kannst... Dass du im Nachhinein bereuen wirst, was du jetzt vorhast... Dass du dich auf ewig hinhalten wirst, wenn etwas schiefgeht... Trotz alledem bist du bereit, deine Menschlichkeit einfach mit dem Weg der Schienen wegzuwerfen?” 

 

“Ntss, ich habe in meinem Leben noch nie etwas bereut... Und ich zweifle, dass ich heute damit anfangen werde...” 

Noel: “du Lügner... du Heuchler... du Verräter...” 

Lia: “Dann bist echt im Klaren, wenn du freiwillig das Leben deines Freunds aufs Spiel setzt für dieses irrsinnige Manöver? Ha, nicht das es mich auch im Geringsten interessieren würde...” 

“Ja, denn ich weiß das er in der Lage dazu ist...” 

Noel: “Das er in der Lage ist, Suizid zu begehen, was?! Ich glaub, du bist nicht ganz dicht! Egal was er vorhat, Markus, ich werde nicht zulassen, dass der wahnsinnige gewordene Psychopath vor dem Zug seinen Willen kriegt!” 

 

Dann war es auf einmal wieder abrupt ruhig. Nach den letzten Minuten voll hitzigem Diskurs wirkte es wie eine Abnormalität im System. Doch jeder Sturm hat auch einmal ein Ende. Nur befiel mir die Befürchtung, dass dieser erst jetzt richtig losgehen würde. 

Die auf unseren Schultern schwerwiegende Belanglosigkeit kehrte zurück und übernahm die Situation. Alle warteten darauf, dass Markus seine Lippen bewegte und seine Entscheidung verkündetet. 

Markus: “Ok, ich mache es...” 

Noel: “Huh?” 

Markus: “Alex, ich vertraue dir... Ich weiß, dass du zwar ein Idiot bist, der manchmal... häufiger fragwürdige Dinge macht...  Aber ich weiß auch, dass du stets dein Bestes tust. Ist mir gleichgültig, wenn dies das Ende meiner Geschichte sein soll... Ich weiß, dass jemand anderes sie für mich weiterschreiben wird!” 

Ich sah es Markus im Gesicht an, wie er sich fürchtete. Ich hörte ihn leise in sich schlucken. Ja, selbst seinen Angstschweiß konnte riechen. Doch trotz alledem änderte sich meine Stellung nicht ein Stück. Wahrhaftig war ich nun nicht mehr als ein Monster. 

 

Markus stieg in den... 

Noel: “Warte!” 

Noel packte aus dem nichts Markus am Arm. Markus wollte sich des Griffs entreißen und einfach einsteigen. Jedoch war Noel auf jeden Fall stärker als Markus, da er sich nicht wirklich gegen ihn wehren konnte. 

Doch als Noel seinen Blick voller Entschlossenheit wahrnahm, ließ es ihn erstarren. Nichts auf der gesamten Welt hätte ihn umstimmen können, in diesen Zug zu steigen. So gefüllt war er mit Entschlossenheit. 

 

Markus: “Alex?” 

“Ja...?” 

Markus: “Du musst mir versprechen, dass du Alex für mich aufspürst!” 

“Versprochen... Das hatte ich ohne hin schon vor...”, antwortete ich, ohne lang darüber nachzudenken. 

Markus: “Ja, ich weiß...  

Markus stellte sich zwischen den Türrahmen und drehte sich Richtung der Menschen. 

 

Markus: “Und eine Sache noch...” 

Er stellte seinen Fuß zwischen Tür und Angel. 

Markus: “Warum ich? ...Und jetzt komm nich--” 

“Weil du der Einzige bist, den ich kenne, der wahnsinnig genug dafür ist. Ich meine, wenn du wollen würdest, könntest du mit ein paar Büroklammern und ein bisschen Klebeband den Zug in einen riesigen Mecha umbauen und ich wäre nicht mal überrascht, wenn du dabei nicht mal mit der Wimper zucken würdest. Und das kann ich wahrlich nur von einem behaupten. Von dir...” 

Er begann zu lächeln. 

Markus: “Selbst das wusste ich, dass du es sagen würdest. Danke...” 

Er zog seinen Fuß weg und irgendwie schlossen sich die Türen. 

 

“... ... ...  

Dank mir nicht, du Idiot... 

... ... ..." 

 

Noel: “Ich versteh das nicht. Was machst du, wenn du den Zug doch nicht anhalten kannst? Was machst du, wenn du ihn nicht rechtzeitig rausholen kannst? Was machst du, wenn ihm etwas zustößt?” 

“Ich trage die Verantwortung... für meine Entscheidung...” 

Noel: “Tss... Idiot, du bist wirklich nicht bei Sinnen...”, schüttelte er den Kopf. 

“...wahrscheinlich... aber momentan... möchte ich... daran glauben..., dass das Gegenteil... der Fall ist...” 

Erleichtert verließen mich meine Kräfte. Direkt fiel in Ohnmacht. Trotz allem, was ich gesagt und getan hatte, sprang Noel vor den Zug, um mich vor meinem bitteren Ende zu bewahren. Der Zug fuhr weiter und in ihm Markus. Doch obwohl ich ruhiggestellt war, verlies eines meinem Kopf nicht. 

(“ICH WERDE DIESEN ZUG AUFHALTEN!!!”)

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